Auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir hier die Ansprache des Leitungsteams zum Patronatsfest 2022 zum Nachlesen.

Liebe Schwestern und Brüder,

düstere Bilder malt der Evangelist Lukas im Evangelium vom 33. Sonntag im Jahreskreis. Von Kriegen, Seuchen, Hungersnöten, Naturkatastrophen ist die Rede und von Verfolgungen. In den Nachrichten von heute wird täglich über solche schlimmen Dinge berichtet. Ich vermute, dass es auch zu Lebzeiten von Willibrord solche schlechten Nachrichten gab, die die Menschen in Angst und Schrecken versetzt haben.

Willibrord ist jedoch nicht in seiner Klosterzelle geblieben und hat bibbernd das Weltende erwartet. Mit elf Gefährten hat er die Sicherheit und Geborgenheit des Klosters verlassen, um die tröstende und befreiende Botschaft des Evangeliums zu den Menschen zu bringen, die bisher davon noch nichts gehört hatten. Er hat nicht, wie viele Missionare vor ihm, als “Einzelkämpfer“ gewirkt, sondern auf Teamarbeit gesetzt. Heute würde man ihn auch einen guten “Netzwerker“ nennen, der es verstanden hat, sich UnterstützerInnen aus Staatsmacht, Kirche und Gesellschaft zu suchen. Seine frischen Ideen hatten Erfolg. Die Suche und Ausbildung von talentiertem Nachwuchs war ihm sehr wichtig. Viele Strapazen hat er in seinem langen Leben auf sich genommen, um den christlichen Glauben zu verbreiten. Unsere technischen Möglichkeiten zu reisen und mit anderen zu kommunizieren standen ihm nicht zur Verfügung.

Aber seine Erfolge, und die seiner MitstreiterInnen, waren auch nicht nur auf Dauer in “Stein gemeißelt“. Noch zu seinen Lebzeiten drohte alles wieder wegzubrechen. In diese Zeit fällt vermutlich der Eintrag in seinem liturgischen Kalender „in dei nomine feliciter“ , In Gottes Namen voran, zum glücklichen Gelingen!

Welch ein Gottvertrauen verbirgt sich in diesen wenigen Worten! Die von Menschenhand errichteten Bauten können zerstört werden und kein Stein auf dem anderen bleiben.  Aber wer der Botschaft des Evangeliums treu bleibt und versucht, sein Leben danach auszurichten, der wird das “Leben“ gewinnen.

 

Manchmal kommt es anders als man denkt. Was vor zehn Jahren noch undenkbar war, ist in unserer großen Pfarrei inzwischen Wirklichkeit.

Eine Pfarrei ohne leitenden Pfarrer, wie soll das denn gehen? Das haben sich sicher viele gefragt, als noch unter Mitarbeit vom damaligen Pfarrer Stefan Notz erste Überlegungen dazu angestellt wurden. Das waren mutige Ideen, mit der die Projektgruppe Strategie sich damals beschäftigt hat. Diese Projektgruppe war der Zeit voraus, hat weiter gedacht als nur bis zum nächsten Kirchenjahr. Was da erarbeitet wurde, hat bistumsweit für Aufmerksamkeit gesorgt.

Als dann Pfarrer Notz unsere Pfarrei so plötzlich verlassen hat, war schnell klar, dass es keinen neuen leitenden Pfarrer für St. Willibrord geben wird. Und dankbar für die ausgezeichnete Vorarbeit der Projektgruppe Strategie konnte das neue Leitungsmodell umgesetzt werden.

Sieben Personen sind in das Leitungsteam gewählt und in einem festlichen Gottesdienst durch den Bischof mit der gemeinsamen Leitung der Pfarrei beauftragt worden.

Wir sind ein Team, das aus ganz unterschiedlichen Menschen besteht: Frauen und Männer, Hauptamtliche und Ehrenamtliche mit ganz verschiedenen beruflichen und privaten Hintergründen. Das ist das, was die Gruppe letztlich ausmacht. Als gleichberechtigte Teile des einen Teams finden unsere Gespräche auf Augenhöhe statt, weil wir uns im Klaren darüber sind, dass jeder und jede von uns je eigene Begabungen hat. Es hat eine ganze Weile gebraucht, bis wir unsere Rolle und unseren Platz als Leitungsteam mit und neben dem Pfarreirat, den Gemeindeausschüssen, dem Kirchenvorstand und dem Team der Seelsorgenden gefunden haben. Wir arbeiten weiter daran und können feststellen, dass das Profil des Leitungsteam immer klarer wird.

Wir wissen aber auch, dass es in der Pfarrei immer wieder zu der Frage kommt: Müsste das nicht eigentlich der Pastor machen?

Der Auftrag des Bischofs, der Auftrag des Hl. Willibrord und der Auftrag Jesu lautet aber: Geht Ihr voran. Gebt, was Ihr geben könnt, leistet, was Ihr leisten könnt, und vertraut darauf, dass Gottes guter Geist mit Euch ist.

 

Am letzten Wochenende war das Leitungsteam von St. Willibrord eingeladen, in einem Workshop anderen Ehrenamtlichen aus dem Bistum Münster unser neues Leitungsmodell vorzustellen. Wir mussten den Frauen und Männern aus den Gremien anderer Pfarreien Rede und Antwort stehen.

Aus dieser Runde wurde ganz oft die Frage gestellt: Ist das nicht eine Überforderung der freiwillig Engagierten? Wer hat denn vor Ort soviel Zeit und Lust, diese Leitungsaufgaben und die dazugehörige Verantwortung zu übernehmen?

Ja, wir können uns hier in St. Willibrord wirklich glücklich schätzen, dass sich auf Anhieb ehrenamtliche Mitglieder aus dem Pfarreirat und aus dem Kirchenvorstand gefunden haben, die dazu bereit sind. Dafür sind wir sehr dankbar. Aber diese Bereitschaft ist nicht losgelöst vom Mittun aller anderen Mitglieder der Pfarrei zu sehen. Jeder von Ihnen und Euch trägt mit den je eigenen Fähigkeiten und Diensten dazu bei, dass wir als gemeinsames Volk Gottes und unter seinem Schutz unterwegs sind in der realen Welt von heute mit all ihren Problemen. Wenn die Kirche eine Zukunft hat, dann nur mit denen, die dazu ihren Beitrag leisten. Sich einzubringen mit den eigenen Talenten, das ist der Auftrag nicht nur für die Mitglieder vom Leitungsteam, sondern für jeden einzelnen von uns.

Wir vom Leitungsteam möchten ganz ausdrücklich dazu ermutigen und wir laden jeden und jede ganz herzlich ein, sich einzubringen, etwas Neues auszuprobieren, Rückmeldungen zu geben, sich aufstellen zu lassen, einen Dienst zu übernehmen, bei den Gottesdiensten mitzumachen oder oder oder….

Denn in einem Punkt waren sich die Ehrenamtlichen aus ganzen Bistum Münster einig: Bei aller nötigen Kritik an der Kirche ist es jetzt mehr denn je wichtig, der Kirche vor Ort ein Gesicht zu geben. Und das könnte auch IHR Gesicht sein!

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